Neben der Entwicklung neuer digitaler medizinischer Anwendungen werden auch immer mehr bisher papiergebundene Prozesse digital gestaltet. Dazu gehört die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU). Durch die elektronische Übermittlung wird die AU zur eAU.
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfolgt nach dem alten Verfahren in vierfacher Ausfertigung – das Original geht an die Krankenkasse, ein Durchschlag an den Patienten, ein weiterer Durchschlag an den Arbeitgeber und ein Durchschlag verbleibt in der Arztpraxis. Für die Übermittlung an Krankenkasse und Arbeitgeber ist der Patient verantwortlich.
Nach dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) soll die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seit dem 01.10.2021 von den behandelnden Ärzten digital an die Krankenkassen übermittelt werden. Dies muss verpflichtend über den Kommunikationsstandard KIM (Kommunikation im Medizinwesen) erfolgen.
Das Muster 1 entfällt dabei. Patienten erhalten einen einfachen Papierausdruck der in der Praxissoftware ausgefüllten Stylesheets für ihren Arbeitgeber und für sich selbst. Diese werden mithilfe der Praxissoftware erstellt, wahlweise im Format A4 oder A5 ausgedruckt und dem Patienten unterschrieben mitgegeben. Die Aufgabe, den Ausdruck an den Arbeitgeber zu senden, verbleibt zunächst bei den Versicherten.
Für Praxen, denen die notwendige Technik für die eAU noch nicht zur Verfügung steht, gilt eine Übergangsfrist bis 30.06.2022. In diesem Fall werden AU-Bescheinigungen anhand der neuen Formatvorlagen in der Praxissoftware (Stylesheets) in Papierform ausgestellt. Nur wenn Praxen von ihren Praxissoftwareanbietern noch keine neuen Formatvorlagen bereitgestellt wurden, kann die Arbeitsunfähigkeit vorübergehend formlos bescheinigt und dazu das bisherige Muster 1 verwendet werden.
Bis 30.06.2022 sollten alle Voraussetzungen in der Praxis geschaffen werden, die eAU zu versenden und auch alle Krankenkassen in der Lage sein, die eAU störungsfrei zu empfangen und zu verarbeiten.
In einem zweiten Schritt soll auch die Weiterleitung der Daten an den Arbeitgeber elektronisch erfolgen (Bürokratieentlastungsgesetz III). Verantwortlich dafür sind allerdings nicht die Praxen, sondern die Krankenkassen. Diese müssen die AU-Daten der gesetzlich versicherten Arbeitnehmer künftig deren Arbeitgebern auf Anfrage zur Verfügung stellen.
Ärztinnen und Ärzte sind jedoch weiterhin verpflichtet, Patientinnen und Patienten eine AU-Bescheinigung auf Papier auszudrucken. Auf Wunsch auch ein weiteres Exemplar in signierter Form für deren Arbeitgeber.
Im Zuge einer Änderung des Bürokratieentlastungsgesetzes III Mitte Februar 2022 wurde die laufende Erprobungsphase für das Abrufverfahren der eAU beim Arbeitgeber bis zum 31.12.2022 verlängert. Die Übertragung der eAU durch die Krankenkasse an den Arbeitgeber wird somit erst zum 01.01.2023 verbindlich.
Nach dem elektronischen Versand der eAU besteht die Möglichkeit, eine Zustellbestätigung von der Krankenkasse anzufordern. Krankenkassen sind dabei allerdings nicht zur Ausstellung einer Empfangsbestätigung verpflichtet. Sollte 24h nach der Übermittlung der eAU an die Krankenkasse keine Fehlermeldung von deren Seite eingegangen sein, gilt die eAU als erfolgreich zugestellt.
Auch eine Stornierung der eAU ist möglich, solange diese innerhalb von 5 Werktagen nach Ausstellung erfolgt. Für die Stornierung wird eine eigene KIM-Nachricht erstellt, die ebenfalls signiert und anschließend an die Krankenkasse übermittelt werden muss.
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nur für GKV-Versicherte elektronisch an die Krankenkassen zu versenden. Bei Nicht-GKV-Versicherten ist dies nicht möglich. Bis auf Weiteres werden diesen Patienten die Ausdrucke für die Krankenkasse, den Patienten und den Arbeitgeber unterschrieben mitgegeben. Auch die Ärztliche Bescheinigung für den Bezug von Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes („Kinder-AU“) bleibt davon unberührt. Diese ist weiterhin über das Muster 21 auszustellen.
Die in der Praxissoftware erstellten Stylesheets für Patient und Arbeitgeber können wahlweise im Format A4 oder A5 ausgedruckt werden. Ob dies über einen Nadeldrucker, einen Laser- oder Tintenstrahldrucker erfolgt, obliegt der Praxis. Das Drucken auf Sicherheitspapier ist hierfür nicht von Nöten, es kann auf normales Druckerpapier zurückgegriffen werden. Dieses muss von den Praxen selbst beschafft werden.
Die Praxissoftware unterstützt Ärztinnen und Ärzte dabei, die AU-Daten elektronisch zu verschicken. Der Ablauf soll dabei genauso komfortabel sein wie das Bedrucken des Papierformulars.
Ausstellen: Die AU wird wie bisher in der Praxissoftware aufgerufen und befüllt.
Vorbereiten: Anschließend wird die AU über die Schaltfläche „Erstellen und Versenden“ für die Signatur und den elektronischen Versand vorbereitet.
Signatur per eHBA: Dies muss in einem neuen, sich öffnenden Fenster bestätigt werden.
Versenden: Nach erfolgreicher Signatur wird die elektronische Übermittlung über den KIM-Dienst an die Krankenkasse gestartet.
Drucken: Abschließend werden die Exemplare für den Patienten und den Arbeitgeber gedruckt und unterschrieben.
Die Bezeichnung der Schaltflächen kann von Praxissoftware zu Praxissoftware unterschiedlich sein. Der Prozess ist grundsätzlich der gleiche.
Bevor die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an die Krankenkasse versandt werden kann, muss sie mittels eHBA elektronisch signiert werden. Dies kann entweder sofort bei Erstellen der eAU erfolgen oder gesammelt über eine Stapel- bzw. Komfortsignatur.
Über die Stapelsignatur können Ärztinnen und Ärzte mehrere Dokumente gleichzeitig qualifiziert elektronisch unterschreiben. So können am Ende eines Praxistages alle an diesem Tage ausgestellten Dokumente mit dem eHBA und der Eingabe der dazugehörigen Signatur-PIN signiert und versandt werden.
Um dieses Verfahren nutzen zu können, ist ein Update des Konnektors auf den E-Health-Konnektor erforderlich (Konnektor-Update PTV3).
Nutzen Ärztinnen und Ärzte die Möglichkeit der Komfortsignatur, können sie mit ihrem Heilberufsausweis (eHBA) und ihrer Signatur-PIN im laufenden Betrieb pro Tag jeweils bis zu 250 Signaturen freigeben. Gilt es eine eAU zu signieren, muss dies nur noch bestätigt werden. Ein erneutes Eingeben der PIN ist nicht erforderlich. Der eHBA muss während dieser Zeit allerdings durchgängig in einem Kartenterminal gesteckt sein. Sobald der eHBA gezogen und neu gesteckt wird, ist eine erneute PIN-Eingabe erforderlich.
Die Komfortsignatur ist mit einer Erweiterung der nächsten Ausbaustufe des Konnektors auf den ePA-Konnektor möglich (Konnektor-Update PTV4+).
Die Komfortsignatur gilt als empfohlen, da die eAU damit im Gegensatz zur Stapelsignatur sofort unterschrieben und versandt werden kann. Eventuelle Probleme bei der Datenübermittlung werden unmittelbar erkannt und entsprechende Maßnahmen können eingeleitet werden (siehe Ersatzverfahren bei technischen Problemen).
Wenn ein Signieren mit dem eHBA aus technischen oder anderen Gründen – die nicht in der Verantwortung der Ärztin oder des Arztes liegen – nicht möglich ist, kann die eAU auch mit dem Praxisausweis (SMC-B) signiert werden.
Trotz mehrfacher Absicherung kann eine Störung der TI nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Sollte dies der Fall sein, sind im Rahmen der eAU mehrere Szenarien und Lösungen vorgesehen:
Szenario 1: Störung tritt unerwartet auf
Wenn der digitale Versand der eAU an die Krankenkasse aus der Praxis heraus nicht möglich ist, werden die AU-Daten in der Praxissoftware gespeichert. Je nach Praxissoftware erfolgt der erneute Versand automatisch oder muss manuell angestoßen werden, sobald die Störung behoben ist.
Szenario 2: Störung ist bekannt
Sollte bereits beim Ausstellen oder beim Versand bekannt sein, dass die eAU am Tag des Patientenkontaktes und auch am nächsten Werktag nicht elektronisch verschickt werden kann, händigt der Arzt dem Patienten neben dessen persönlicher und der Ausfertigung für den Arbeitgeber einen weiteren unterschriebenen Ausdruck aus. Diesen schickt der Patient an seine Krankenkasse.
Szenario 3: Störung wird erst im Nachhinein entdeckt
Wird eine Störung der TI erst im Nachhinein entdeckt und kann die eAU auch am nächsten Werktag nicht an die Krankenkassen übermittelt werden, versendet die Praxis selbst die Papierbescheinigung an die zuständige Krankenkasse. Hierfür wurde die GOP 40130 (86 Cent) geschaffen. Über diese kann der Postversand an die Krankenkasse abgerechnet werden. Die GOP 40130 kann ebenfalls abgerechnet werden, sollte die empfangende Krankenkasse noch nicht in der Lage sein, die eAU anzunehmen. Sie kann jedoch nur für den Postversand der ausgedruckten Stylesheets, nicht für den Versand von Muster 1 abgerechnet werden. Mittels Komfortsignatur lassen sich die meisten Störungen unmittelbar erkennen. Daher gilt diese als empfohlen.
Derzeit ist bei Hausbesuchen noch keine Verbindung zur TI möglich. Der elektronische Versand der eAU kann daher nur im Nachgang aus der Arztpraxis heraus erfolgen.
Ärztinnen und Ärzte können allerdings im Vorfeld unbefüllte Ausdrucke des AU-Formulars aus der Praxissoftware erstellen, diese beim Hausbesuch vor Ort ausfüllen und per Hand signieren. Die Ausfertigung für den Patienten sowie die für dessen Arbeitgeber können dem Patienten so direkt übergeben werden. Wieder zurück in der Praxis werden die Daten in die Praxissoftware übertragen, mit dem eHBA elektronisch signiert und via TI und KIM an die Krankenkasse versandt.
Alternativ kann die eAU auch erst nach dem Hausbesuch vollständig in der Praxis erstellt werden. In diesem Fall sind die beiden Papierausfertigungen für den Patienten und dessen Arbeitgeber per Post an den Patienten zu schicken. Hierfür ist die GOP 40131 abrechenbar (86 Cent), allerdings ebenfalls nur für den Postversand der ausgedruckten Stylesheets, nicht für den Versand von Muster 1.
In beiden Fällen ist die digitale Übermittlung der im Rahmen von Hausbesuchen ausgestellten elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis zum Ende des nachfolgenden Werktages möglich. Wird also am Freitagabend bei einem Hausbesuch eine eAU ausgestellt, muss diese bis Montagabend digital an die Krankenkasse übermittelt werden.
Alle für die eAU notwendigen Komponenten können auch für weitere TI-Anwendungen genutzt werden. Daher werden die Kosten für die technische Ausstattung der Praxen zur Übermittlung der eAU über die TI-Pauschalen abgedeckt. Für die jeweiligen Komponenten bietet der Gesetzgeber folgende Finanzierungsvereinbarung an:
Elektronischer Heilberufsausweis (eHBA)
Förderung für die Anwendung des KIM-Dienstes
Update des Konnektors
PTV3
PTV4
Der elektronische Versand der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ist seit dem 01.10.2021 via KIM möglich. Wie Sie den KIM-Fachdienst in Ihrer Praxissoftware einrichten, dort auf die eAU umstellen, diese ausstellen, signieren (Einzel- und Stapelsignatur) und versenden, sehen Sie in den medatixx-akademie-Clips.
Gemeinsam mit dem Tochterunternehmen I-Motion stellt medatixx Ihnen alle notwendigen Komponenten zur eAU zur Verfügung. Vom Modul in der Praxissoftware über die Aktualisierung des TI-Konnektors (PTV3 / PTV4+) bis hin zum KIM-Dienst wird alles fristgerecht bereitstehen. Sie profitieren vom Alles-aus-einer-Hand-Prinzip und dem in die Softwarepflegegebühr inkludierten eAU-Modul.
Mehr dazu unter ti.medatixx.de.